Diese Rede wurde an der Demo gegen den Abbau bei Alstom am 23.1.16 frei gehalten. Das nachfolgende ist eine Abschrift aus der Erinnerung auf entsprechende Nachfrage.
Liebe Badenerinnen und Badener, liebe Alstom-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Demonstrierende
So habe ich mir natürlich eine Rückkehr nach Baden nicht vorgestellt. Es ist schon eine bizzare Situation: Während hier 1300 Menschen um ihre berufliche Zukunft und ihre Jobs bangen, diskutiert der Wirtschaftsminister und Bundespräsident am WEF zwischen Prosecco und Lachsbrötchen mit dem amerikanischen Vize-Präsidenten die Frage, wie die nächste industrielle Revolution den Menschen zu Gute kommen könnte. Dort hinauf in diese Wolken muss die erste Botschaft der heutigen Kundgebung gehen: Sehr geehrte Damen und Herren Bundesrätinnen und Bundesräte, Herr Bundespräsident Schneider-Ammann, kommen sie herunter aus ihrer Wohlfühloase in die Realität zu Menschen, wir erwarten endlich ihre Unterstützung! Wir akzeptieren nicht, dass die Politik in der Schweiz zur Sterbehelferin der Industrie wird. Wir sind nicht einfach eine Zahlstelle in der Exceltabelle oder eine Ziffer hinter dem Komma beim Bundesamt für Statistik. Wir verlangen Respekt und Würde für die Angestellten und Arbeiterinnen von Alstom und GE statt immer nur Profitmaximierung!
Und es gibt Möglichkeiten, politische Möglichkeiten, sich gegen die Desindustrialisierung zu wehren. Schauen Sie nach Deutschland, schauen Sie nach Frankreich, dort spielt der Staat eine ganz andere Rolle. Es freut mich besonders zu sehen, dass jetzt vor dem Hintergrund dieses drohenden Kahlschlages ein breites Bündnis von Arbeitnehmerorganisationen, Gewerkschaften und Betriebskomission sich gemeinsam hinter die Forderung stellt, der Bundesrat müsse endlich mindestens eine nationale Kommission für die Industriepolitik einsetzen.
Unsere zweite Botschaft geht ebenfalls nach Bundesbern, aber ein Haus weiter. Sie geht an die Nationalbank und ihren Präsidenten Herren Jordan, die mit ihrer Aufgabe des Mindestkurses die sowieso schon schwierige Situation noch verschärft hat. Herr Jordan, ihre Auftraggeber sind die Menschen in diesen Land, nicht die Bosse und Banken, Sie sind nicht Angestellter des Paradeplatzes, kämpfen Sie endlich mit uns für den Werkplatz Schweiz und nicht gegen ihn!
Drittens geht unsere Botschaft an die Politik in der Region, an den Stadtrat von Baden, an den Regierungsrat, an die Einwohnerinnen und Einwohner der Region. Wir müssen zusammenstehen, nur gemeinsam können wir diesen Abbau verhindern! Es geht um viel mehr, als die 1300 Stellen, auch wenn das schon dramatisch genug wäre. Es geht um den Standort Baden, um die hunderten Zuliefererbetriebe, um den Industriestandort Aargau um das Schicksal von tausenden Menschen und Familien in der Region. Heute sind wir alle Baden – heute sind wir alle Alstom!
Und viertens und letztens geht mein Appell an uns selber, Kolleginnen und Kollegen. Lassen wir uns nicht einschüchtern von jenen, die sagen, Widerstand machen die Sache nur noch schlimmer. Lassen wir uns nicht einlullen von jenen die glauben, es sei eh schon alles verloren. Hunderte Arbeitskämpfe der Gewerkschaften beweisen das Gegenteil: Abgebaut wird am Schluss dort, wo sich niemand wehrt! Ich verspreche ihnen, wir werden uns für jeden einzelenen Arbeitsplatz einsetzen und wir können gemeinsam diesen Kahlschlag verhindern – wir lassen die Angstellten von Alstom nicht alleine, danke für eure Solidarität!