Heute debattiert der Nationalrat über die Initiative für die Volkswahl des Bundesrates. Die Initiative der SVP ist zwar abzulehnen, das Prinzip der Volkswahl finde ich aber richtig. Deshalb reiche ich zusammen mit Ada Marra (Nationalrätin SP Waadt) und Mathias Reynard (Nationalrat SP Wallis) eine eigene Parlamentarische Initiative ein.
Grundsätzlich finde ich es relativ schwierig, aus progressiver Sicht gegen die Volkswahl des Bundesrates zu argumentieren: Warum sollten wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gegen die Ausweitung der politischen Rechte der Bevölkerung stellen? Unser demokratisches System baut auf dem Vertrauen auf, dass die Bürgerinnen und Bürger vernünftige Entscheide im Interesse aller treffen können – sonst müssten wir konsequenterweise auch gegen alle Sachabstimmungen durch das Volk sein. Das Argument, Sachabstimmungen eigneten sich weniger als Mobilisierungsplattform für die populistische Rechte, zieht spätestens seit der Abstimmung über die Minarettinitiative nicht mehr.
Mehr Gleichheit
Ausserdem ist heute der Einfluss der Wähler_innen auf die Zusammensetzung der Landesregierung je nach Kanton unterschiedlich, da National- und Ständeräte in den Kantonen gewählt werden. 40’000 Glarnerinnen und Glarner wählen genauso zwei Ständeräte wie 1.4 Millionen Zürcherinnen und Zürcher. Die kleinen Kantone und die „politische Mitte“ sind damit im Wahlkörper übervertreten.
Kein Verstecken hinter der Konkordanz!
Und drittens brächte eine Volkswahl des Bundesrates ein längst fälligen Bruch in der Konkordanz mit sich – ja, das ist nichts schlimmes und wäre schon gar nicht der Untergang für die Schweiz. Im Gegenteil: Wer heute die „politische Stabilität“ als Argument gegen die Volkswahl des Bundesrates ins Feld führt, meint damit meistens die Privilegien einer kleinen Klasse, die sich die Mehrheit des Parlaments schlicht erkaufen kann.
Ein eigener Vorschlag: Transparenz der Kampagnenfinanzierung und Limite für Kampagnenbudgets
Und genau dort setzt der Vorschlag von Ada Marra (NR SP Waadt), Mathias Reynard (NR SP Wallis) und mir an. Wir schlagen in einer Parlamentarischen Initiative eine Änderung des Wahlsystems unter folgenden Bedingungen:
- Die Kampagnenfinanzierung muss transparent sein
- Es braucht eine finanzielle Obergrenze für die Kampagnenbudgets
- Die Landesregierung muss auf neun Personen aufgestockt werden
- Die verschiedenen Regionen der Schweiz müssen angemessen vertreten sein
Die SVP-Initiative hat genau dort erhebliche Schwächen. Sie enthält überhaupt keine Regelung betreffend Transparenz und finanzieller Obergrenze. Das geht nicht: So verkäme die Volkswahl zu einer Dauerwahlkampfparty à la USA und kleine Parteien hätten überhaupt keine Chance.
Wer weiterlesen will: Ich habe mich in einer Kolumne und einem Interview für „Die Perspektive“ ausführlich zur Volkswahl des Bundesrates geäussert. Auch der Sonntagsblick hat bereits über unseren Vorschlag berichtet. Ausserdem kann man hier meine [Datei 37|“Rede im Parlament“] nachlesen.