Statement zur 1:12-Initiative für gerechte Löhne im Nationalrat, 27.9.12

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

1zu12Ich beantrage Ihnen heute – wenig überraschend – die Unterstützung meiner Minderheit zur 1:12- Initiative für gerechte Löhne. Die Mehrheit der Kommission hat mit ihrem Nein mindestens drei grosse Chancen verpasst: Erstens eine Chance, der elenden Abzockerei ein Ende zu setzen; zweitens eine Chance, den Reichtum in diesem Land endlich wieder an die Menschen zurück zu verteilen und zur ökonomischen Rationalität zurück zu kehren; drittens die Chance, der Demokratie wieder ihre Glaubwürdigkeit zurück zu geben.

Schluss mit der Abzockerei der wenigen auf Kosten aller!

Die Abzocker in den Chefetagen haben in den letzten Jahren unsere Wirtschaft mit gütlicher Mithilfe der Mehrheit dieses Rates in einen regelrechten Selbstbedienungsladen verwandelt. Während die Produktivität seit 1994 um knapp 20 Indexpunkte gestiegen ist, blieb das Wachstum der realen Medienlöhne mit 6-7 zusätzlichen Prozentpunkten weit dahinter zurück. Die Zahl der Lohnhalbmillionär_innen hat sich seit 1997 von 2700 auf 11’600 mehr als vervierfacht, die Zahl der Lohnmillionär_innen hat sich im gleichen Zeitraum sogar verfünffacht (auf 2500). Die 300 Reichsten Schweizerinnen und Schweizer haben ihr Vermögen seit 2009 um satte 50 Milliarden erhöht. Das Resultat ist beeindruckend: Gemäss einer Studie der Credit Suisse besitzt heute das reichste 1% der Schweizer Bevölkerung mehr Reinvermögen als die restlichen 99% zusammen. Und gleichzeitig verdienen bis zu 400’000 Personen weniger als 3500 Franken pro Monat, 700’000 – 900’000 Menschen sind von Armut betroffen. Während also die Löhne und Vermögen ganz oben regelrecht explodiert sind und sich eine kleine Minderheit zunehmend schamlos am gemeinsam erarbeiteten Reichtum bereichert, kämpft die grosse Mehrheit der Menschen mit stagnierenden oder sogar rückläufigen Einkommen, steigenden Mieten, Krankenkassenprämien und Lebenshaltungskosten – der Kuchen wird auf dem Buckel der Normalsterblichen von unten nach oben und nicht umgekehrt umverteilt. Dieser schamlosen Abzockerei auf Kosten der grossen Mehrheit will die 1:12 Initiative ein Ende setzen.

Die Wirtschaft braucht mehr Gleichheit!

Zweitens bietet die 1:12-Initiative die Chance, sich von einer gescheiterten und ideologisch verblendeten Voodoo-Ökonomie zu verabschieden. Die Ideologie der Ungleichheit hat diesen Kontinent in die grösste wirtschaftliche Krise seit dem Zweiten Weltkrieg gestürzt. Es ist eben gerade nicht die Konzentration von Kapital in wenigen Händen, die für den Wohlstand der vielen sorgt. Im Gegenteil – und sie können es inzwischen bei Nobelpreisökonomen wie Joseph Stiglitz und Paul Krugman nachlesen – es ist die Ungleichheit, die Krisen provoziert. Sie überakkumuliert Kapital, das auf der Suche nach Rendite der Spekulation anheim fällt und sie lässt die Massenkaufkraft zusammenbrechen. Um den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt zu paraphrasieren: Die Abzockerlöhne von heute sind die Spekulationsblasen von morgen und die Krisen von übermorgen. Die 1:12 Initiative sorgt nicht nur für mehr Gerechtigkeit, sie ist auch ökonomisch rational.

Geben wir den Menschen die Demokratie zurück!

Das vielleicht wichtigste, was die 1:12-Initiative will, ist diesem Land die Demokratie wieder zurück zu geben. Ich wurde von meinen Eltern und in der Schule in dem grossen Versprechen und in der Überzeugung erzogen, dass in diesem, meinem Land das Volk das letzte Wort hat – immer. Und, dass diese grossen Werte von Freiheit und Demokratie mit ihrer festen Verankerung in der Geschichte – 1848 die Bundesverfassung, 1918 der Generalstreik, 1971 das Frauenstimmrecht – die unerschütterliche Grundlage unserer Gesellschaft bilden. Heute hat die rechte Mehrheit in diesem Saal in Zusammenarbeit mit dem Finanzplatz und den grossen Kapitalinteressen diese Demokratie regelrecht verkauft und demontiert. Freiheit und Demokratie gilt nur noch für die Bonzen und Banken, alle anderen sollen gefälligst buckeln, schweigen und gehorchen. Und wehe der, die es wagen sollte auch nur von einer gerechten Verteilung der Steuerlast oder eben anständigen Löhnen unten und oben zu träumen, der drohen wir mit Arbeitsplatzverlust, Sozialabbau und Delokalisierungen. Sie haben es tatsächlich fertig gebracht, dass sich ein ganzes Volk systematisch dem Willen von ein paar Superreichen, Abzockern und ihren politischen Wasserträger_innen unterwerfen muss. Heute haben Sie die grosse Chance der Demokratie ihre Glaubwürdigkeit zurück zu geben. Geben Sie sich einen Ruck, vergessen sie die Millionenspenden in ihre Parteikassen, stehen sie einmal für die Mehrheit der Menschen ein, dafür, dass in diesem Land wieder für alle die gleichen Spielregeln gelten – die Menschen haben es verdient!

 

Einer
für alle

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