Offener Brief to whom it may concern: Kein Radikalismus vor den Fakten!

An ihrem Sonderparteitag vom 4. März 2000 verabschiedete die SVP ein Positionspapier zu den Sozialwerken. Sie forderte darin eine „Abkehr vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahrung bei der AHV“, die „Privatisierung von Sozialversicherungen“ und den „Übergang zur freiwilligen, individuellen Vorsorge für Alter, Krankheit und Invalidität“[1]. Nichts anderes also als die Zerschlagung der Solidarität bei der Altersvorsorge und damit die Abschaffung der AHV. Die Partei stand damals nicht etwa alleine. Es war vielmehr die hohe Zeit der neoliberalen Ideologinnen und Ideologen.

17 Jahre später steht die Schweiz mit der Altersreform 2020 vor einer Gewichtsverlagerung von der 2. in die 1. Säule. Genau das Gegenteil dessen, was Blocher und Konsorten wollten. Der jetzt diskutierte Vorschlag des Ständerates ist ein entscheidender Sieg gegen die neoliberalen Hardliner. Zwar sieht das Konzept eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6.8% auf 6% bei den Pensionskassen vor. Dem steht aber die erste Rentenverbesserung in der AHV seit 20 Jahren gegenüber sowie die erste generelle Rentenerhöhung für Neurentnerinnen und Neurentner seit 40 Jahren. Die AHV-Renten steigen zwischen 3 und 6% oder 840 Franken pro Einzelperson und Jahr, resp. bis zu 2712 Franken pro Jahr für Ehepaare. Diese Erhöhung kompensiert die schmerzhafte Senkung des Umwandlungssatzes in der 2. Säule. Erstmals seit 1975 werden die Lohnbeiträge für die AHV erhöht (um 0.3%). Das ist ein verteilungspolitischer Fortschritt, da die Beitragspflicht auf alle Lohnanteile besteht (also z.B. auch Manager-Boni), während die Maximalrenten gedeckelt sind. Das kommt de facto einer Steuererhöhung für hohe Einkommen gleich. Politisch steht das Parlament damit erstmals seit Beginn der neoliberalen Welle davor, die ökonomische Überlegenheit des Umlageverfahrens der AHV gegenüber dem Kapitaldeckungsverfahren in der Pensionskasse zu akzeptieren. Das ist ein nicht zu unterschätzender Schritt und ein herber Schlag für Banken und Privatversicherungen.

Das war nicht gratis zu haben. Dazwischen liegen 15 Jahre beinharte politische Arbeit der Gewerkschaften und der Linken, zuletzt rund um die AHVplus-Initiative. Tatsächlich verlangt der Kompromiss des Ständerates auch von der Linken eine grosse Kröte zu schlucken: Das Rentenalter 65 für Frauen. Diese Erhöhung ist zweifellos ökonomisch sowie gleichstellungspolitisch falsch. Die Ständeratsvariante kompensiert diese bittere Pille aber am richtigen Ort: Mit dem Ausbau der AHV. Die Reform ermöglicht es den Frauen, mit weniger Verlust als bisher ab 62 in Rente zu gehen. Tatsächlich sind die Frührenten ab 63 sogar höher. Frauen, die weniger als 38’000 Franken verdienen, werden dank dem Zuschlag auch weiterhin mit 64 ohne Verlust gegenüber heute in Pension gehen können. Es ist lächerlich, wenn sich FDP und SVP jetzt als Verteidiger der Frauen aufspielen wollen. Auch im Modell von FDP und SVP kommt das Rentenalter 65 für Frauen. Allerdings will das Modell der Mehrheit im Nationalrat höhere Abzüge für die 2. Säule und die vollständige Abschaffung des Koordinationsabzuges. Dieser Vorschlag ist krass klassenblind. Den 500’000 erwerbstätigen Frauen, die heute keine Pensionskasse haben, bringt er ausser einem zusätzlichen Jahr Arbeit nichts.. Gleiches gilt für Teilzeit arbeitenden Frauen in Tieflohnbranchen, also vor allem Migrantinnen. Sie erhielten zwar wie beim Ständeratsmodell höhere Renten Die Lohnabzüge dafür würden im Vergleich zum Ständerat aber geradezu explodieren, ihre Kaufkraft würde enorm leiden.

Zusammengefasst stehen in der Variante Ständerat der Erhöhung des Frauenrentenalters folgende Vorteile gegenüber:

  • Kompensation der Senkung des Umwandlungssatzes durch zusätzliche 840 Franken AHV für Einzelpersonen, resp. bis zu 2712 Franken für Ehepaare.
  • Besitzstandsgarantie für alle PK-Versicherten über 45 Jahre. Das heisst, die Rente dieser Leute verbessert sich mindestens um 840 Franken.
  • Die Senkung des Koordinationsabzuges verbessert die Absicherung der Teilzeitarbeit in der zweiten Säule, ohne übermässig die Kaufkraft zu schmälern.
  • Der Rentenanspruch bleibt neu auch bei Stellenverlust nach 58 bestehen.
  • Die zusätzliche Belastung für die AHV durch die Babyboomer-Generation wird ausfinanziert.
  • Erleichterungen für die Teilpensionierung: Tiefere Kürzungssätze für den Vorbezug der AHV-Renten. Bis zu einer Rente von ca. 1’700 Franken kann diese Kürzung mit dem AHV-Zuschlag ausgeglichen werden.
  • Der Bundesrat und die Rechte wollten die Teuerungsanpassung der AHV-Renten streichen. Das ist vom Tisch.
  • Witwen- und Kinderrenten bleiben erhalten (das will der Nationalrat nicht).
  • Das allgemeine Rentenalter 67 ist vom Tisch.
  • Die Tabus der Rentenerhöhung in der AHV und zusätzlicher Lohnbeiträge sind gefallen.

Völlig absurd ist schliesslich die Behauptung von rechtsbürgerlichen Kreisen, die Erhöhung der AHV-Renten gehe auf Kosten der jungen Generation. Erstens profitieren wir Jungen jeden Tag enorm von der gesellschaftlichen Aufbauleistung unserer Eltern und Grosseltern. Zweitens käme eine Lösung nach bürgerlichen Wunschvorstellungen die Jungen viel teurer. Wir müssten viel mehr Geld für die Pensionskassen ausgeben, ohne dass uns irgendwer ein späteres Rentenniveau garantieren kann. Fakt ist: Die AHV kommt alle Leute mit tiefen und mittleren Einkommen viel günstiger zu stehen. Das gilt auch für alle Jungen.

Für die politische Beurteilung scheint uns neben der generellen Ausrichtung der Ständeratsvariante und der effektiven Verbesserung der Renteneinkommen gegenüber dem Status quo auch der Blick auf die politische Alternative nicht unwesentlich. Tatsache ist: Ein Referendum und ein Nein an der Urne zur ständerätlichen Variante würde in keiner Form die Erhöhung des Frauenrentenalters verhindern. Vielmehr wäre es der Startschuss für eine neue Kampagne von rechts für das Rentenalter 67 und für Rentenkürzungen. Die AHV dürfte vorübergehend wohl negative Umlageergebnisse einfahren. Das ist zwar ökonomisch kein Drama, würde den politische Druck aber rasant zunehmen lassen. Und mit Sicherheit würde das Parlament in einer zweiten Auflage die 1. und die 2. Säule wieder entkoppeln. Das Resultat wäre eine Neuauflage der Revision der Altersvorsorge, die die Ungleichheit im Alter verstärken und die Frauen, die Migrant_innen und die Jungen an den Rand drängen würde. Unter dem Strich stimmt die Reform, wenn sich SP, Grüne, CVP und die vernünftigen Teile des Parlaments durchsetzen und dem ständerätlichen Vorschlag folgen.

Wir gehören nicht zu jenen, die aus einem falschen Verantwortungsbewusstsein jeden parlamentarischen Kompromiss mittragen, einfach weil es ein Kompromiss ist. Wir gehören definitiv nicht zu jenen, die meinen, Partei- und Gewerkschaftsbasis müssen in jeder Vorlage der Weisheit der Fraktion folgen. Das ist nicht unser Verständnis linker Politik, im Gegenteil. Genauso falsch ist aber ein Radikalismus vor den Fakten. Eine Vorlage abzulehnen, nur weil sie ein Kompromiss ist.

 

Mattea Meyer, Nationalrätin

Mathias Reynard, Conseiller national

Jean-Christophe Schwaab, Conseiller national

Cédric Wermuth, Nationalrat

[1] NZZ vom 27.5.2003

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Réforme des retraites: le bilan final est positif

Lors de son congrès extraordinaire du 4 mars 2000, l’UDC a adopté une prise de position sur les assurances sociales. Elle y revendiquait la transformation de l’AVS en un système de retraites par capitalisation au lieu d’un système par répartition, la privatisation des assurances sociales et l’individualisation de la prévoyance-vieillesse et des assurances maladie et invalidité[1]. Cela aurait signifié la fin de la solidarité dans la prévoyance-vieillesse et la suppression de l’AVS. L’UDC ne menait alors pas ce combat toute seule. C’était l’heure de gloire des idéologues néolibéraux.

17 ans plus tard, avec la réforme de la prévoyance-vieillesse 2020, la Suisse est à l’orée d’un renforcement du premier pilier au détriment du deuxième. C’est exactement le contraire de ce que Blocher et consorts voulaient. La proposition du Conseil des Etats qui est actuellement en discussion est une victoire majeure contre l’aile dure des néolibéraux. Certes, ce concept prévoit une baisse du taux de conversion des caisses de pensions de 6,8% à 6%. Mais cette baisse est compensée par la première amélioration des rentes AVS depuis 20 ans et la première augmentation générale des nouvelles rentes depuis plus de 40 ans. Les rentes AVS augmenteront de 3 à 6 %, soit 840.—Fr. par personne et par an, respectivement jusqu’à 2712.—Fr. par an pour les couples. Cette augmentation compense la douloureuse baisse des rentes du deuxième pilier. Par ailleurs, pour la première fois depuis 1975, les cotisations salariales pour l’AVS augmenteront (de 0,3%). C’est un énorme progrès en matière de redistribution des richesses, car tous les revenus sont soumis intégralement à l’obligation de cotiser, y compris les bonus des top-managers, alors que le montant des rentes est plafonné. Cela revient dans les faits à une augmentation d’impôt sur les hauts revenus. Pour la première fois depuis la vague néolibérale, le Parlement est prêt à admettre que le système de retraite par répartition est économiquement bien plus intelligent que le système par capitalisation des caisses de pensions. C’est à la fois un progrès non négligeable… et une rude défaite pour les banques et les assureurs privés.

Ces avancées ne sont pas tombées du ciel. Il aura fallu plus de 15 ans d’efforts des syndicats et de la gauche, notamment en lien avec la récente initiative AVSplus. Il faut bien admettre que le compromis du Conseil des Etats exige d’avaler une grosse couleuvre : l’augmentation à 65 ans de l’âge de la retraite des femmes. Cette augmentation est sans aucun doute injustifiée tant du point de vue économique que du point de vue de l’égalité. Mais la variante du Conseil des Etats compense au bon endroit cette pilule amère : grâce à un renforcement de l’AVS. La réforme permet aux femmes de prendre une retraite anticipée dès 62 ans à des conditions plus avantageuses qu’aujourd’hui. Quant aux femmes qui gagnent moins de 38’000.—Fr. par an, elles pourront toujours prendre leur retraite à 64 ans sans réduction de revenu, grâce à l’augmentation des rentes AVS. Que le PLR et l’UDC se posent maintenant en défenseurs des femmes est tout simplement ridicule, car le modèle de réforme des retraites qu’ils défendent prévoit aussi l’augmentation de l’âge de la retraite des femmes. Leur modèle prévoit en outre une augmentation des cotisations salariales pour le deuxième pilier et la suppression de la déduction de coordination. Cette proposition ne pourra que mener à des retraites à deux vitesses. Les quelque 500’000 femmes actives qui ne sont aujourd’hui pas assurées dans une caisse de pensions n’en tireront aucun avantage et devront travailler une année de plus. Le même constat vaut pour toutes les femmes qui travaillent à temps partiel dans des branches à bas salaires, notamment des migrantes. Avec cette variante, elles paieraient très cher l’augmentation de leur rentes, car leurs cotisations salariales exploseraient et cela réduirait massivement leur pouvoir d’achat.

En résumé, voici les avantages que la variante du Conseil des Etats oppose à l’augmentation de l’âge de la retraite des femmes :

  • Compensation de la baisse du taux de conversion par une augmentation des rentes AVS de 840.—Fr. par an et pour les personnes seules, respectivement jusqu’à 2712.—Fr. par an pour les couples.
  • Maintien des droits acquis pour tous les assurés des caisses de pensions âgés de plus de 45 ans. Cela signifie que les rentes de toutes ces personnes seront augmentées d’au minimum 840.—Fr.
  • La baisse de la déduction de coordination améliore l’accès au deuxième pilier des personnes travaillant à temps partiel, sans diminuer trop fortement leur pouvoir d’achat.
  • Le droit à une rente dès 58 ans en cas de perte d’emploi est maintenu.
  • La réforme répond aux problèmes de financement de l’AVS causés par l’arrivée à la retraite de la génération du « baby boom ».
  • Le retraites anticipées partielles seront favorisées : le taux de réduction en cas d’anticipation de la rente AVS sera réduit. Jusqu’à une rente AVS mensuelle d’environ 1700.—Fr. cette réduction est totalement compensée par l’augmentation générale des rentes.
  • Le Conseil fédéral et la droite voulaient supprimer l’adaptation au renchérissement des rentes AVS. Ils ont échoué.
  • Les rentes de veuves et d’orphelins ne seront pas réduites (comme le voulait le Conseil national).
  • Il n’y aura pas d’augmentation générale de l’âge de la retraite à 67 ans.
  • Les tabous d’une augmentation des rentes AVS et des cotisations salariales sont tombés.

Enfin, il est absurde de prétendre, comme le fait la droite, que l’augmentation des rentes se ferait « sur le dos des jeunes générations ». D’une part, les jeunes profitent quotidiennement de tout ce qu’ont créé nos parents et grands-parents. En outre, une réforme des retraites telle que la veut la droite coûterait beaucoup plus cher pour les jeunes. Nous devrions dépenser beaucoup plus d’argent pour cotiser aux caisses de pensions, sans pour autant améliorer nos futures rentes. Les faits sont têtus : renforcer l’AVS est bien plus avantageux pour les personnes à bas et moyens revenus. Cela est valable aussi pour les jeunes.

En plus de considérer la tendance générale qui se dégage de la variante du Conseil des Etats et des améliorations qu’elle comporte par rapport au statu quo, l’analyse politique doit à notre avis aussi tenir compte des options alternatives. En effet, un référendum et un « non » dans les urnes n’empêcheront en aucune manière une augmentation de l’âge de la retraite des femmes. Pis, ce serait le point de départ d’une campagne de la droite pour augmenter l’âge de la retraite à 67 ans pour tout le monde et pour baisser les rentes AVS. L’AVS devrait en effet connaître plusieurs résultats de répartition déficitaires au cours des prochaines années. Ce n’est certes pas si grave d’un point de vue économique, mais cela augmenterait nettement la pression politique. Il est par ailleurs garanti qu’en cas de nouvelle réforme, le Parlement traiterait à nouveau le premier et le deuxième pilier séparément. Le résultat serait une nouvelle variante de la réforme des retraites qui aggraverait les inégalités entre personnes âgées et qui se ferait sur le dos des femmes, des migrant-e-s et des jeunes. Si le PS, les verts, le PDC et toutes les autres forces raisonnables du Parlement parviennent à faire passer la variante du Conseil des Etats, le bilan final de la réforme des retraites sera positif.

Ce n’est pas notre genre d’approuver, au nom d’un pseudo « sens des responsabilités », n’importe quel compromis parlementaire pour la seule raison que c’est un compromis. Nous ne faisons pas non plus partie de ceux qui pensent que la base du parti et des syndicats doit se rallier aveuglément à tout ce que décide le groupe parlementaire. Ce n’est pas ainsi que nous concevons une politique de gauche, bien au contraire. Il est toutefois totalement faux de faire passer les positions extrémistes avant les faits ou de rejeter une réforme pour la seule raison qu’elle repose sur un compromis.

 

Mattea Meyer, Nationalrätin

Mathias Reynard, Conseiller national

Jean-Christophe Schwaab, Conseiller national

Cédric Wermuth, Nationalrat

 

[1] NZZ du 27.5.2003

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