„Es war einmal ein Land der Zwerge. Die Zwerge waren richtige Chrampfer. Und überdies immer ehrlich und vertrauenswürdig. Darum brachten ebenfalls ehrliche und vetrauenswürdige Chrampfer aus aller Welt ihre hart erarbeiteten Goldtaler in das kleine Zwergenland. Und weil so viele Leute ihre Goldtaler in das Zwergenland brachten, wurden die Riesen aus den grossen Nachbarländern eifersüchtig. Und sie begannen, die Zwerge ganz, ganz fies zu piesacken. Aber die Zwerge blieben standhaft und verteidigten die Privatsphäre ihrer Kunden wie die Löwen – und wenn sie nicht gestorben sind, dann kämpfen sie noch heute!“
Ungefähr so geht das Märchen, das uns hierzulande die vereinigte Schwarzgeldfront aus Banken und bürgerlichen Parteien versuchen aufzubinden. Eine schöne Geschichte zwar, aber eben leider nur ein Märchen. Es ist erstaunlich, wie hartnäckig sich die Mythen um Banken und Bankgeheimnis halten. Dies beginnt schon bei der Entstehungsgeschichte. Erst vor wenigen Tagen hat mir ein Banker doch tatsächlich wieder versucht zu erklären, das Bankgeheimnis sei entstanden, um jüdische Vermögen vor dem Zugriff des Hitlerstaates zu schützen. Fakt ist: Das Bankgeheimnis wurde 1934 erstmals in der nationalen Gesetzgebung festgehalten. Ein Jahr nach der Machtergreifung und ganze sieben Jahre vor den ersten Beschlüssen zur „Endlösung“, d.h. zur zentral geplanten, massenhaften Ermordung jüdischer Menschen. Das Bankgeheimnis diente schon damals nur einem Zweck: Aus der Schweiz eine Steueroase zu machen. Einen Ort also, der es Superreichen aus der ganzen Welt ermöglicht, sich ihrer Verantwortung gegenüber den Gesellschaften in ihren Heimatländern zu entziehen.
Das Bankgeheimnis schadet der demokratischen Gesellschaft. Es ermöglicht einer kleinen, steinreichen Minderheit in ihren Heimatländern – auch in der Schweiz – zwar alles zu konsumieren, was ihnen die Gesellschaft ermöglicht (Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, öffentlicher Verkehr, Post, Sicherheit, etc.), aber dafür keinen angemessenen Beitrag zu leisten. Alle anderen können das nicht: Jeder und jede NormalbürgerIn hat einen Lohnausweis, den wir der Steurrechnung beilegen müssen. Und auf alle Zinsen, die wir auf unser Sparbuch erhalten, zieht der Staat Verrechnungssteuer ab. Die kriegen wir nur zurück, wenn wir sie mit der Steuererklärung zurück fordern. Wir Normalsterblichen sind gegenüber den Steuerbehörden längst zu 100% transparent – mit dem Schutz der Privatsphäre hat das Bankgeheimnis eben auch nichts zu tun.
Oder doch. Aber eben nur für solche, die keine Privatsphäre verdient haben. Steuerkriminelle, Waffenhändler, Drogenbarone, Diktatoren oder korrupte Politiker. So wurden zum Bespiel gerade nach den arabischen Revolutionen wieder Vermögen aller dieser Despoten auf Schweizer Bankkonten entdeckt. Alleine in den letzten zwei Jahren betrug die Kapitalflucht aus Griechenland 16 Milliarden Euro – in der kleinen Schweiz landeten ganze 10%. Und wir fragen uns, warum das Land pleite geht.
Wenn es eng wird, malt die Rechte gerne Horrorszenarien an die Wand, die uns erwarten würden, wenn wir es auch nur wagen sollten, die Banken etwas genauer zu kontrollieren. Was sie gerne verschweigen: Die Banken machen heute weniger als 7% der Schweizerischen Wirtschaftsleistung aus – deutlich weniger als die Industrie, der Detailhandel oder die Forschung. Das gilt auch für die Steuern: Von der Mehrwertsteuer ist die Branche sowieso ausgenommen. Und von den gesamten Steuern aus Einkommen und Vermögen auf allen Ebenen machten sie 2004 nicht mal ganz 6% aus, 2008 noch kümmerliche 0.9%. Die beiden Branchenleader UBS und CS zahlen nach der Finanzkrise überhaupt keine Steuern – sie können weiterhin die Verluste geltend machen. Bei der UBS ist das noch mindestens bis 2014 der Fall. Dass sie das aber nicht daran hindert, weiter Milliardenboni zu zahlen, überrascht wohl auch niemanden mehr.
Das Bankgeheimnis ist nur eines: Beihilfe zur internationalen, organisierten Kriminalität. Und wenn der SPD-Politiker Steinbrück jetzt wieder die Kavallerie dagegen losschicken will, dann hat er nur eines: Absolut recht.
Dieser Artikel erschien am 2.3.2012 in der Mitteland Zeitung.