Mehr als die Hälfte der geleisteten Arbeit in der Schweiz findet heute im so genannten Care-Sektor statt (bezahlt und unbezahlt). Care (Englisch für “Sorgen”) umfasst alle Tätigkeiten, die sich um die Betreuung von Menschen kümmern: Von der Betreuung von Kleinkindern zu Hause und in der Kita, bis zur Pflege von Alten und Kranken. Meistens sind in diesen Berufen Frauen übervertreten, sie leisten auch nach wie vor noch die meiste Haus- und Erziehungsarbeit. Der Umfang der unbezahlten Care-Arbeit ist enorm: Allein der Wert der Zubereitung von allen Mahlzeiten (Frühstück, Mittag- und Abendessen) ist, wenn man die üblichen Kochlöhne als Berechnungsgrundlage nimmt, grösser als die gesamte Wertschöpfung des Bankensektors. Die Ökonomi Mascha Madörin schätzt den Wert der gesamten unbezahlten Care-Arbeit für Kinder bis zum 14. Altersjahr auf ca. 110 Milliarden Franken jährlich.
Diese Arbeit bildet die Grundlage für unsere Gesellschaft. Nur, wenn sich viele Menschen um Kinder, Jugendliche, Alte und Kranke kümmern, können andere überhaupt ihrer Arbeit im Büro weitergehen. Es ist deshalb ein Skandal, das diese Care-Arbeit heute so wenig wertgeschätzt wird. So verdienen z.B. PflegehelferInnen in Pflegeheimen im Schnitt 2900 Franken pro Monat für einen durchschnittlichen Beschäftigungsgrad von 72%. Pflegehefer*innen machen in Pflegeheimen ca. 50% der Belegschaft aus (Zahlen: Unia).
Auch der Druck in den Bereichen der Langzeitpflege, der Spitex oder in den Sptälern steigt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele Beschäftige in diesen Branchen nur schwierig zu meistern. Die Arbeitszeiten sind lang, die Arbeit körperlich beschwerlich, die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich. Die Hälfte aller Beschäftigten im Pflegebereich gibt an, dass sie nicht bis zur Pensionierung im Beruf bleiben wollen. 70% erleben starken Stress bei der Arbeit, 9 von 10 Pflegenden geben an, dass sie sich wegen Spardruck und Personalmangel nicht genug um die Patient*innen kümmern können.
Wir brauchen endlich eine politische Bewegung, die die – bezahlte und unbezahlte – Arbeit aller Menschen im Bereich des Gesundheitswesen, der Pflege und des ganzen Care-Sektors ernst nimmt und würdigt. Dazu gehört:
- Dazu gehören gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne. Das geht aber nicht, wenn der Abbaudruck in den Kantonen weiter steigt und immer mehr gewinnorientierte Akteure auf den Markt drängen. Gesundheit und Pflege müssen wieder ein Recht werden, kein Geschäft.
- Eine flächendeckende, kostenlose familienexterne Kinderbetreuung vom Vorschulalter bis zum Ende der Volksschule
- Endlich mindestens vier Wochen Vaterzeit, damit sich Männer und Frauen die Erziehungsarbeit endlich besser aufteilen können.