Fünf einfache Regeln für kommunale Wahlkämpfe

Ich werde von Sektionen oft gefragt ob ich „Tipps“ hätte für kommunale Wahlkämpfe. Eigentlich sage ich dann immer das gleiche. Hier habe ich versucht diese Tipps in fünf einfachen Regeln zusammenzufassen:

  1. Wahlkampf heisst mit Menschen reden. Gerade auf kommunaler Ebene bietet die Überschaubarkeit einen grossen Vorteil. Vertrauen entsteht im Gespräch. Was wir aus privaten Beziehungen wissen, gilt auch für Politik. Oft wiegen einige Gespräche mehr als stundenlanges Flyern in Briefkästen. Letztere gehen unter dem Tsunami an Werbung eh unter (ausser ihr habt gerade sechsstellige Beträge übrig). Versucht euch nicht hinter den einfachen Wahlkampfmethoden zu verstecken, also Flyer und Plakate, sondern setzt euch dem Gespräch aus. Als Faustegel solltet ihr nicht mehr als 30% eurer Zeit im Wahlkampf in „tote Zeit“ investieren, also Zeit ohne Kontakt mit Menschen ausserhalb der Partei und eures Wahlteams.
  2. Wahlkampf heisst Mobilisierung. Wahlkampf ist die falsche Zeit, um mit der SVP zu diskutieren. Dafür habt ihr in der Legislatur dreieinhalb Jahre Zeit. Die sechs Monate vor den Wahlen gehören der Mobilisierung. D.h. es geht darum Menschen an die Urne zu bringen, die sich bereits vorstellen können SP zu wählen. Dafür braucht ihr eine Datenbank. Auf kommunaler Ebene kann das ein Excel-Sheet sein oder ein Blatt Papier. Darauf notiert ihr alle Menschen aus dem Ort, die ihr kennt. Diese Menschen sprecht ihr an. Wer sich das nicht getraut, sollte die Kandidatur anderen überlassen.
  3. Wahlkampf heisst zu den Menschen gehen. Wie viele aufwendige Wahlkampfveranstaltungen mit super Programm und multikulturellem Essen habe ich schon erlebt, an denen schlussendlich genau die Kandidierenden und ihre Familien teilgenommen haben? Zu viele. Verzichtet auf aufwendige Veranstaltungen, bei denen die Menschen zu euch kommen müssen – also so im Stil „Kommen sie in die Waldhütte fünf Kilometer ausserhalb des Dorfes und lernen sie unsere Kandidierenden kennen!“ (alles schon erlebt). Geht stattdessen dorthin, wo die Menschen im Alltag bereits sind: Märkte, Quartierfeste, Beizen, Einkaufsläden, etc.
  4. Wahlkampf heisst Klarheit in den Positionen. Oft verbringen Wahlkampfteams viel Zeit damit, kreative oder lustige Sprüche für die Wahlunterlagen zu entwickeln (Flyer, Plakate, etc.). Es gibt eine einfache Regel, die euch sagt, wann solche kreativen Sprüche auf Wahlplakaten Sinn machen. Sie lautet: Nie. Politik ist kein Bewerbungsgespräch für die Kunsthochschule (nichts gegen die Kunsthochschule). Niemand hat etwas gegen schön gestaltete Flyer. Aber jede Aussage darüber, was ihr konkret für die Sportvereine macht, wo es Tempo 30 geben soll, wieviel die Kita im Ort kosten soll, ob ihr für oder gegen das neue Schulhaus seid, hilft den Menschen besser bei der Wahlentscheidung als kreative, aber abstrakte Sprüche. Kreative Aktionen (also mehr als Flyern am Stand) sind übrigens erlaubt.
  5. Es gibt kein kommunales Mikroklima. Kaum eine Wahlkampfsitzung, bei der nicht jemand einwirft, dass das schon so sein mögen „in Bern“ oder „in Aarau“, aber „bei uns hier im Dorf ist das halt anders“. Diese Aussage ist im Normallfall falsch (ausgenommen sind kommunale Themen wie Skandale, die so gross sind, dass sie alles überlagern). Vielleicht gab es früher vor dem Internet und zu Zeiten als 80%, 90% der Menschen ihr Leben von Geburt bis zu Bahre im gleichen Quartier verbrachten sowas wie kommunale, politische Mikroklimas. Heute ist die politische Debatte je länger, je stärker national. D.h. es macht wenig Sinn eine Partei gegen die Hauptthemen der nationalen Partei zu positionieren. Wenn die nationale Partei, zum Beispiel, Kaufkraft, Klimapolitik und Gleichstellung ins Zentrum stellt, dann gehören diese Themen auch ins Zentrum der lokalen Kampagne. Selbstverständlich heruntergebrochen auf die lokale Ebene, z.B. Wohnen, Temp 30 und zahlbare Kita-Plätze. Das heisst übrigens auch: Einigt euch auf Positionen. 30 Kandidierende mit 30 Themenpaletten zeigen nicht „die schöne Breite“ der Partei, sondern verwirren potentielle Wähler:innen.